Krisenursachen und Krisenstadien
Es gibt verschiedenste Krisenursachen und Krisenstadien. Wir lassen in dieser Betrachtung bewusst die kurzfristigen Krisenursachen außer Ansatz, da die meisten Krisen Ihren Anfang schon Jahre vor dem Ausbrechen der Krise genommen haben…
Tatsächlich ist eine Strategiekrise oft ursächlich für die zwanghaft folgenden weiteren Krisenstadien. Drei Sachverhalte hierzu in der Erläuterung:
- entweder fehlt eine solche Strategie vollständig
- oder die Strategie wurde nur halbherzig entwickelt
- oder die Mitarbeiter waren in der Strategieentwicklung nicht eingebunden
(vor allem Führungskräfte sind hier besonders wichtig im Prozess) - oder die Kommunikation der Strategie war mangelhaft
So haben weder die Führungskräfte noch die Mitarbeiter die Chance, die vom Unternehmer gewünschte Strategie in die Tat umzusetzen. Die Strategie ist für die Beteiligten schwammig, nicht greifbar und wird von vielen als „Spinnerei von oben“ abgetan. In der Folge wundert es kaum, dass sich keiner um die Ausrichtung des Geschäfts nach der Strategie kümmert. Es wird einfach „gewurstelt“ wie bisher auch.
Hauptsache wir machen Umsatz
Solche Sätze hört man in dieser Zeit oft, wenn zaghaft nach der Umsetzung der Strategie gefragt wird. Das kurzfristige Ergebnis ist wichtiger als die langfristige Perspektive. So fischt der Vertrieb dann nach jedem Fisch – egal ob Hering oder Walfisch.
Hauptsache wir haben was geangelt…
Ob die angeschlossene Produktion diesen Input weiterverarbeiten kann, zu deckenden Kosten, zu hohen Erträgen – das spielt nur eine untergeordnete Rolle. Um damit beginnt dann mittelfristig der Untergang des Unternehmens. Merke:
Wer kein Ziel hat, kommt nirgendwo an (Abraham Lincoln)
So werden dann Tag für Tag Aufträge umgesetzt die unter hohem Aufwand produziert werden. Diese Aufträge belasten die gesamte Organisation über die Maßen. Und am Schluss kommt für den Kunden doch nur ein mittelmäßiges Ergebnis heraus. Das kann eine gewisse Zeit gut gehen – aber es wird nie gut enden.
Stellen Sie sich doch einfach mal folgendes vor: was passiert, wenn in der Heringfabrik auf einmal Walfische im Wareneingang zur Verarbeitung angeliefert werden, weil der Vertrieb ja so einen richtig tollen Auftrag an Land gezogen hat … Sicher bekommt man auch die Walfische in die Dose – aber zu welchem Preis?
Die interne Sicht auf die verschiedenen Krisenstadien
Sie können der nachfolgenden Grafik entnehmen, wie sich aus der internen Sicht die „Krise“ entwickelt. Diese Betrachtungsweise treffen wir, wenn es schon zu spät ist, immer wieder an:
- Strategiekrise: Im Kern geht es darum, dass die Strategiekrise schon mal gar nicht wahrgenommen wird. Alles läuft super, die Erträge stimmen – so könnte es ja gerne weitergehen…
- Strukturkrise: Fallende Erträge werden Sonderfaktoren zugeschrieben: besondere Mitarbeiterprobleme, hohe Abschreibungen aufgrund (Fehl-) Investitionen, hohe Ausschussquoten, schlecht verhandelte Aufträge aber „wir haben alles im Griff“ – das Problem wird schlichtweg ignoriert…
- Ergebniskrise: Die Ergebnisse fallen nun rapide ab; das Unternehmen erwirtschaftet massive Verluste. Jetzt wird „restrukturiert“ auf Teufel komm raus; Berater werden engagiert (oftmals von Banken aufgezwungen) und jeder Stein im Unternehmen wird umgedreht. Es werden Programme mit wohlklingenden Namen aufgelegt, die Kosten gekappt, gespart… Und die Maßnahmen verhallen nicht ganz: ein klein bisschen erfolgreicher wird man wieder – aber nicht nachhaltig. Dann schlägt aber gnadenlos zu die
- Liquiditätskrise: Um die Symptome der vorhergehenden Krisenstadien und die Restrukturierung zu finanzieren wurde viel Geld benötigt. Die Kreditlinien sind aufgezehrt, alternative Finanzierungen auch schon eingeworben worden (Beteiligungen, Factoring, Genußrechte) und am Anschlag. Aber das Unternehmen verbrennt weiterhin täglich tausende von Euro. Reflexartig werden die Maßnahmen aus Punkt 3 wiederholt. Noch tiefer gegraben, noch mehr Maßnahmenkataloge und neue Zielwerte, noch mehr Berater, noch mehr Führungswechsel, noch höherer Druck der Shareholder (Banken, Leasinggesellschaften, Gesellschafter). Auch die Kunden und Lieferanten erhöhen den Druck. Es werden die letzten Wertgegenstände (Maschinen, Patente, Gebäude) verkauft und teilweise wieder zurückgeleast – nur um liquide Mittel zu haben. Nur um die Verluste zu finanzieren …
Und dann?
Unternehmen sterben nicht den Ertragstod, sondern den Liquiditätstod
Es ist kein Problem, ein Unternehmen eine gewisse Zeit in der Verlustzone zu führen. Solange die Liquidität sicher gestellt ist, ist das alles kein Problem. In dem Augenblick, wo jedoch die Liquidität absehbar nicht mehr ausreichen KANN ist es dann jedoch zu spät zu reagieren – die Türen die früher für den Unternehmer offen waren gehen alle „zu“. Mit dem Ende der Liquidität ist auch das Ende des Unternehmens besiegelt.